„Hohe Lebensqualität“
Vom Münchner Umland ins Fichtelgebirge: Interview mit dem Zuzügler Steffen Popp
So vielfältig die Lebensformen von Familien, so vielfältig sind auch die Anforderungen an eine familienfreundliche Region. Oberfranken kann hier in vielerlei Hinsicht punkten. Darauf machen das Internet-Portal „Familienland Oberfranken“ des Vereins Oberfranken Offensiv und auch der Familienatlas der Bundesregierung aufmerksam. Die Vorzüge der Region wissen oft gerade jene Familien zu schätzen, die aus Ballungsräumen hierher kommen. Der Klima-Lüftungstechniker Steffen Popp zog 2004 mit seiner Familie vom Münchner Umland nach Bad Alexandersbad (Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge). In der 1000-Einwohner-Gemeinde hatten die Großeltern seiner Frau eine Pension aufgebaut, die die Familie nicht aufgeben wollte. Im Gespräch erklärt der Zuzügler, warum er sich hier so wohl fühlt.
Es heißt, Oberfranken haben wegen der günstigen Lebenshaltungskosten in der Regel mehr Geld zur Verfügung als Menschen, die in anderen Gegenden Bayerns wohnen. Haben Sie das persönlich gemerkt, als Sie von München ins Fichtelgebirge umgezogen sind?
― Das lässt sich nicht so pauschal beantworten: Ich habe einen gut bezahlten Job in München aufgegeben und mich hier selbständig gemacht, so dass die Einnahmen zunächst um einen Teil reduziert waren. Die Wohnkosten sind dagegen ein großes Plus gegenüber dem Münchner Umland. Ein Eigenheim ist in München nur mit sehr hohen langfristigen Belastungen finanzierbar. Einen erheblichen Preisunterschied bemerkten wir auch beim Einkauf von Lebensmitteln und bei Restaurantbesuchen. Unser Motiv für den Umzug war aber definitiv nicht eine Verbesserung unserer finanziellen Situation, sondern die hohe Lebensqualität in Bezug auf die Natur vor unserer Haustür und den Platz für unsere Kinder.
Der Landkreis Wunsiedel gilt als ausgesprochen familienfreundlich. Haben Sie das bei Ihrer Entscheidung berücksichtigt?
― Vor dem Umzug haben wir uns genau informiert, wie die täglichen Wegstrecken für unsere Kinder sein würden, die damals noch in die Grundschule gingen. Bad Alexandersbad ist sowohl morgens als auch nach der Schule sehr gut mit dem Bus an Wunsiedel angebunden, wo es alle weiterführenden Schulen gibt. Sehr angenehm fanden wir auch die überschaubaren Klassengrößen. Trotzdem bot z.B. das Gymnasium genügend Fachrichtungen und eine Vielzahl an Wahlfächern an. Genauso positiv sind unsere Erfahrungen mit den Vereinen vor Ort. Unsere Kinder haben viel ausprobiert, von Basketball über Schwimmen und Judo bis zu WingTsun – alles über kurze Wege gut erreichbar. Später profitierten wir vom Nachtbus Night-Liner, einer Einrichtung, für die uns unsere Freunde aus dem Münchner Umland oft beneidet haben. Beim Freizeitangebot für Familien muss sich das Fichtelgebirge sicher nicht verstecken!
Wie lässt sich für Sie Leben und Arbeiten im Fichtelgebirge vereinbaren?
― Wir mussten als Familie hier keinen kompletten Neuanfang wagen, da meine Frau ihren Beruf als Steuerberaterin unverändert fortführen konnte, indem sie ein Home-Office einrichtete. Das war zwar 2004 aufgrund der schlechten Internet-Verbindung noch ein wenig abenteuerlich, aber es wurde Stück für Stück besser. Für mich war der Schritt in die Selbständigkeit nicht immer einfach: Die Existenzgründung ist in der ländlichen Gegend vermutlich schwieriger, weil ein viel kleineres Kundenpotential existiert als in einer Großstadt. Nur durch die Selbständigkeit konnte ich aber flexibel meine Zeit zwischen Familie und Beruf einteilen; außerdem konnten wir so ein weiteres Standbein mit der Vermietung einer Ferienwohnung aufbauen. Unser Haus wurde als Pension in den 1960er Jahren erbaut und wir führen jetzt diese Tradition der Großeltern meiner Frau mit einer 5-Sterne-Wohnung im Dachgeschoß fort. Es bleibt bei allem noch genügend Zeit für uns als Familie, um die wunderbare Gegend zu genießen. Das war ja schließlich ein Hauptmotiv für unseren Umzug.
Wo können Sie im Fichtelgebirge gut entspannen? Haben Sie einen Lieblingsplatz?
― Zum Feierabend mit dem Mountainbike auf die Kösseine. Perfekt!
Interview: Oliver van Essenberg