Doubrava und Gutshof Bernard Das Egerland unter Dach und Fach
Die Egerländer Fachwerkhäuser sind architektonische Unikate. Typisch für ihre Bauweise sind die rautenförmigen, kleinen Felder und die mehrfarbige Gestaltung der Holzelemente. An den Giebelwänden finden sich zumeist florale Hauszeichen, die Fensterläden sind oft mit geometrischen Schutz-, Fruchtbarkeits- und Glückssymbolen bemalt, zum Beispiel der „Egerer Sonne“.
Zwei Gebäude sind öffentlich zugänglich, wir haben sie im Folgenden beschrieben. Einen historischen Ortskern in Fachwerkbauweise weist zudem Nový Drahov (Rohr) auf. Schöne Egerländer Fachwerkhäuser finden sich außerdem im oberpfälzischen Neualbenreuth und nicht weit davon entfernt in Salajna (Konradsgrün) sowie in Milikov (Miltigau).
Fast ein Museumsdorf Doubrava
Einst bestand Doubrava, das frühere Taubrath, ganz aus Fachwerkhäusern. Heute sind in dem 40 Seelen-Dorf noch fünf Vierseithöfe im Egerländer Fachwerkstil vollständig erhalten. Einer davon, der Rustler-Hof, ist öffentlich zugänglich. Er beherbergt auch eine Sammlung historischen ländlichen Geräts. „Der Rustler-Hof entstand in seiner heutigen Gestalt 1751. Doch die Kellergewölbe sind viel älter“, erklärt Karel Schmied, der das Museum betreibt. Gut möglich, denn Taubrath wurde bereits 1313 urkundlich erwähnt. Nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung in Folge des Zweiten Weltkriegs versank das verödete Dorf, das im Grenzsperrgebiet lag, in einen Dornröschenschlaf. Hopfen, Honigwein und Taubenfleisch hätten zuvor zu den Produkten des Bauerndorfes gehört, erzählt Karel Schmied. Doch auch die Schäferei, das Schusterhandwerk und eine Schmiede seien dokumentiert. Und in der Umgebung sei Kobalt geschürft worden, in den Wäldern fänden sich noch heute viele Gruben.
Die Familie Schmied kaufte den Rustler-Hof 1975: „Damals hatten die Leute hier nicht viele Möglichkeiten, sich sinnvoll zu betätigen. Wir steckten unsere Energie in die Renovierung des völlig verwahrlosten Hofes.“ Auf den Schüttböden der drei Wirtschaftstrakte des Gehöfts bewahrt Schmied seine ansehnliche Sammlung von Egerländer Arbeitsgerät, Hausrat und Möbeln auf. Über die Vorgeschichte des Hofes hat sich Familie Schmied genau informiert. „Der erste Rustler kam nach der Abschaffung der Leibeigenschaft nach Taubrath. Der ausgediente Soldat der österreichisch-ungarischen Armee kaufte den Hof. Einer seiner Nachfahren, Michael Rustler, brachte es sogar bis zum General. Als Letzte bewirtschaftete Rosa Rustler den Hof – bis zu ihrer Vertreibung nach dem Krieg. Sie war ledig und hinterließ keine Kinder.“ Auch andere alte Fachwerk-Höfe in Doubrava fanden engagierte Eigentümer. 1995 wurde Doubrava unter Denkmalschutz gestellt.
Spaß am Werken: Gutshof Bernard (Královské Pořící)
Sich Zeit nehmen, das lohnt sich beim Gutshof Bernard. Oder gleich die Ärmel aufkrempeln und mitmachen. Partizipation wird groß geschrieben in dem Zentrum des traditionellen Handwerks und der Regionalkunde, das nach Bernard Seebohm, einer Führungspersönlichkeit des regionalen Bergbaus, benannt ist. An die Familie Seebohm, die den Gutshof 1922 als Fachwerkbau errichten ließ, denkt man in Královské Pořící, dem früheren Königswerth, im Guten zurück. Nach Bernard Seebohm sen. bekleideten seine Söhne Bernard jun. und Kurt Führungspositionen im Braunkohlebergbau. „Zeitzeugen berichten, dass sie während der Weltwirtschaftskrise darauf achteten, dass aus jeder Familie immer wenigstens einer Arbeit im Schacht hatte“, weiß Bürgermeister Ivan Stefan zu berichten. Der Gutshof versorgte die Bergarbeiter mit Lebensmitteln.
Von 2005 an setzte die Stadtverwaltung den baufälligen Gutshof mit erheblichem Aufwand wieder in Stand. Das Public-Private-Projekt sollte eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart schlagen. So entstand 2007 das Zentrum des traditionellen Handwerks. Eine seiner Säulen ist das Handwerksmuseum. Es gibt einen Überblick über das frühere Landleben und regionale Handwerkszweige. Selbst ausprobieren kann man verschiedene Handwerkstechniken in den Gewerbebetrieben. Derzeit werden im Gutshof ein Kerzenstübchen, ein Design-Studio, eine Tischlerei und eine Töpferwerkstatt betrieben. „Die Mieter müssen nicht nur etwas von der Herstellung verstehen, sondern ihre Produkte auch selbst vermarkten“, erklärt Miroslav Makovička, der Manager des Zentrums. Die handwerklichen Fertigkeiten geben die Betreiber der Werkstätten in Workshops an Besucher weiter. Für das leibliche Wohl sorgt die hofeigene Gastronomie.
Gemeinsam mit den Schulen der Region wird Tradition zuweilen zum Auslöser für Innovation. Eindrucksvoll zeigt sich das bei der alljährlichen Krippenausstellung im Advent. Neben herkömmlichen Krippen aus Maisstroh, Wachs, Keramik oder Holz überraschen die Grundschüler der Region, die um die schönste Krippe wetteifern, mit neuartigen Designs und Werkstoffen. Projekte im Rahmen der EUREGIO EGRENSIS holen immer wieder auch deutsche Teilnehmer nach Královské Poříčí. Über die Grenze reicht auch das jüngste Großprojekt, eine Ausstellung über den Fluss Eger. Maria Hammerich-Maier